vom Skript zum Stück

von Lui Stützel

Vom 24.11.22 bis zum 27.11.22 fand unsere Exkursion zum Theater Heilbronn statt. Wir durften sowohl bei der Hauptprobe 2, der Generalprobe, als auch bei der Premiere des Stücks “High Society” dabei sein. Außerdem durften wir einen Blick hinter die Bühne und auf die Proben werfen.

Ich habe Theater in Paderborn schon aus verschiedenen Blickwinkeln erleben dürfen, vor allem die Werkstätten und Machenschaften hinter der Bühne sind mir bekannt. Auch den Aberglauben, die Eigenarten und Gewohnheiten von Theaterleuten habe ich bereits kennen und lieben gelernt.

So war der Besuch im Theater Heilbronn einerseits ein Blick in vertraute Gefilde, andererseits bot er auch neue Einsichten in Bereiche der Theatermaschinerie, zu deren Betrachtung ich zuvor noch keine Gelegenheit hatte. Dazu gehörte das Gespräch mit Georg Münzel, dem Regisseur von „High Society“. Er konnte die genauen Hintergründe mancher Szenen und den Weg zu bestimmten Entscheidungen, was den genauen Ablauf, Spielweisen der Darsteller oder einzelne Textstellen anging, erklären.

Die Entwicklung von einem Skript zu einem vollendeten Stück fand ich schon immer ein besonders spannendes Thema. Der Weg war für mich bisher aber sehr abstrakt. Allerdings wurde durch seine Beschreibungen das Bild dieses Prozesses deutlicher.

Worüber ich mir bis dahin noch keine Gedanken gemacht habe, oder sich zumindest aus meiner Sicht kein Problem darstellte, waren die rechtlichen Hintergründe, die es zu beachten gilt, wenn man ein Stück auf die Bühne bringen möchte. Ein Beispiel hierfür sind die Bestimmungen, die bezüglich der Veränderung von einzelnen Szenen, Charakteren oder dem Text gelten. Die Rechte an einem Skript gehören entweder Verlagen oder den Autoren selbst. Alle Änderungen müssen demnach mit den entsprechenden Urhebern abgeklärt werden.

Bei einem älteren Stück wie diesem (High Society wurde 1938 Uraufgeführt), ist es allerdings schwierig, veraltete und problematische Darstellungen von Frauen, was sich vor allem in der Sprache, also im Text bemerkbar macht, einfach unkommentiert eins zu eins zu übernehmen.

Der Regisseur muss also Entscheidungen treffen, wie in diesen Fällen verfahren werden soll. Nicht immer eine einfache Aufgabe.

Das erste, was auffällt wenn man ein Theater betritt, sind die ganz eigenen Dimensionen, die dort herrschen. Menschen werden auf der riesigen Bühne kleiner und die Räume immer größer. Das wird verstärkt, wenn man die Trennlinie der Bühne erstmal überschreitet. Es ist klar, dass es keine andere Lösung gibt, als riesige Räume zu bauen, wenn man Bühnenbilder gewaltigen Ausmaßes auf- und wieder abbauen muss. Trotzdem empfindet man eine gewisse Ehrfurcht, wenn man auf der Hinterbühne oder im Malsaal steht. 

Da mir die Arbeitsprozesse hinter den Kulissen einer Theaterproduktion durchaus vertraut sind, konnte ich bei der Führung durch die Werkstätten viel Bekanntes wiedererkennen. Die grundlegende Arbeit ähnelt sich natürlich sehr, Bühnenbilder müssen schließlich an jedem Haus gebaut werden. Was mich jedoch in Heilbronn sehr begeistert hat, ist, dass es verschiedene Herangehensweisen gibt, um individuelle Vorstellungen und Ideen umzusetzen.

Im Theater müssen die Werkstätten die Wünsche der Bühnenbildner und Regisseure umsetzen und haben gleichzeitig die Verantwortung, die besten Ergebnisse innerhalb ihrer Möglichkeiten zu erzielen. Dabei ist viel Teamarbeit und Flexibilität von beiden Seiten nötig.

Der Malsaal zum Beispiel muss groß und hell sein. Eine Galerie, um sich sein Werk von weitem ansehen zu können, ist unabdinglich. Jedoch hat jeder Bühnenmaler wiederum seine ganz eigenen Techniken, um das gewünschte Bühnenbild umzusetzen.

Die Werkstatt der Bühnenplastik war für mich auch etwas besonderes, da ich das bis dahin noch nicht gesehen hatte. Mich hat vor allem beeindruckt, in welcher Präzision dreidimensionale Objekte für die Theaterperspektive gefertigt werden können. Den Bühnenplastikern gelingt es, einfachen Styropor, zu Stein werden zu lassen.

Alles in allem war die Exkursion für mich eine echte Bereicherung. Wäre ich nicht schon vom Theater begeistert gewesen, spätestens nach der Exkursion, hätte ich die Arbeit dort für mich entdeckt.