Die Illusion des Theaters

von Kim Hoffmann

Es ist immer wieder erstaunlich zu erkennen, wie einfach es ist in eine neue Welt einzutauchen, wie viel Aufwand es sein kann diese zu schaffen und wie schnell diese neue Welt zum platzen gebracht werden kann. 

Auf unserer Exkursion in das Stadttheater Heilbronn durften wir genau das erfahren. Zusammen mit einer Gruppe Studierenden durften wir bei Proben und der Premiere des Musicals „High Society“ dabei sein und Einblicke hinter die Kulisse erhaschen. 

Über 100 Leute arbeiten am Theater in Heilbronn daran eine Scheinwelt aufzubauen in die man für zwei bis drei stunden eintauchen kann. Ja, wenn man will sogar ein ganzes Leben lang in sich tragen kann. Es ist erstaunlich wie man als Zuschauer nur einen Bruchteil dessen sieht was alles zum Endprodukt, der Aufführung, gehört. Die vielen Stunden des Probens, Tanzens, das viele Sägen, Malen, Nähen, ja sogar das neu anlernen eines Darstellers zwei Tage vor der Premiere! All dieser Aufwand um eine vergleichsweise kleine Gruppe an Leuten zu verzaubern. Ich war und bin beeindruckt. Noch Tage später klangen die Lieder in unseren Köpfen nach, wurden Zitate und Vergleiche untereinander ausgetauscht. 

All das ist aber eben auch nur ein Gedankenschloss, das leicht einstürzen kann. Denn als wir nach  der Premiere Schauspieler kennenlernten und sie ganz anders waren als die Figuren die sie auf der Bühne verkörperten, würde einem unwohl. Was ist das? Warum verhält Liz sich nicht wie Liz und wie kommt es, dass Georg so schnell eine andere hat, wo er gerade noch über die Trennung von Tracy am Boden zerstört war? Ja, es ist nicht einfach die Schauspieler von der Figur zu trennen die sie auf der Bühne verkörpern. Hat man es aber geschafft dieses voneinander zu lösen, kann man vorsichtig versuchen das Gedankenschloss wieder aufzubauen. Das zweite mal baut man mit dem Wissen, dass es nur eine Geschichte ist und nicht echt. Dann ist es eine verzaubernde Geschichte, in die man nach belieben eintauchen kann, wenn das „Echte“ zu schwer wird, wenn man sich die Welt tanzbar, singbar, ja einfach anders gestalten will.